Du fährst nach
Indien, in den Himalaya und machst dort eine Motorradtour! Ich kann mir
das Grinsen kaum verkneifen. Der Urlaub ist genehmigt, die Gattin hat
zugestimmt, der Reise steht nichts mehr im Weg. Von mir selbst
ausgenommen, doch dazu später mehr. Ich nehme an der Dane Transhimalaya
Trophy 2015 teil, diese findet zum 3. Mal statt. MotoPort-Chef Jens Föhl
hatte mich bereits 2014 angesprochen, ein Jahr später ist es dann
soweit. Ich sage zu, die Vorbereitung beginnt. Schließlich geht es nicht
mal um die Ecke, sondern nach Indien. Da gilt es einiges zu beachten.
Glücklicherweise hat MotoPort eine fertige Checkliste zu allen Themen.
Wie läuft es mit dem notwendigen Visum, was ist gesundheitlich zu
beachten, welche Impfungen sind empfehlenswert, welche Medikamente
sollte man mitnehmen. Großes Plus ist für mich die Tatsache dass ein
Arzt die Tour begleitet. Dr. Peter Markreiter hat bereits an den
vorangegangen Dane Trophys teilgenommen, kennt sowohl die Tücken der
Strecke als auch die gesundheitlichen Risiken. Soviel kann bereits jetzt
verraten werden: er hatte einiges zu tun.
Vor Reiseantritt galt es die Checkliste abzuarbeiten. Ein Schlafsack
musste her, denn einige Nächte werden wir im Zeltlager verbringen. Mit
der Medikamentenliste geht es zum Hausarzt, die notwendigen Impfungen
werden verpasst, die Apotheke macht das Geschäft ihres Lebens. Egal, ich
habe keine Lust irgendwo mit Durchfall zu hocken und keinen
medikamentösen Korken dabei zu haben. Das Visum geht auch recht schnell –
glücklicherweise, denn ich kümmere mich auf den letzten Drücker darum.
Dummerweise läuft mein Reisepass im Januar ab, Indien will allerdings
bei der Einreise einen mindestens noch 6 Monate gültigen Ausweis. Also
wird der auch noch erneuert. Dann geht es recht schnell: Visa-Antrag
online ausgefüllt und ausgedruckt, nach Frankfurt gefahren und dort
abgegeben, eine Woche später hole ich meinen neuen Reisepass mit
eingeklebtem Visum wieder ab. Der Onlineantrag ist nicht ganz so
einfach, aber auch hier unterstützt MotoPort: es gibt Musteranträge die
einem die ganze Sache sehr erleichtern. Geschafft! Der Reise steht
nichts mehr im Weg.
Je näher der Reiseantritt kommt, desto mehr konkurrieren meine beiden
Befindungszustände um mein Wohlsein. Große Bedenken habe ich ob der
Ernährung, denn mein Magen reagiert gerne mal empfindlich. Also
beschließe ich für den Zeitraum der Transhimalaya Trophy zum Vegetarier
zu werden. Leitungswasser werde ich lediglich an meine Haut lassen,
Zähne werden mit Mineralwasser geputzt. Getränke will ich nur aus
geschlossenen Behältnissen (die ich selbst geöffnet habe) zu mir nehmen.
Salat und Rohkost werde ich ebenfalls vermeiden. Damit fahre ich
übrigens über die gesamte Reise sehr gut, ob es an meinen Maßnahmen
liegt oder einfach grundsätzlich halb so schlimm ist, kann ich nicht
sagen.
Mittlerweile haben sich die Teilnehmer der Dane Transhimalaya Trophy
2016 in einer Facebook-Gruppe verknüpft. Hier erfahre ich das Frank
ebenfalls ab Frankfurt fliegt, also beschließen wir die Reise gemeinsam
anzutreten. Am 30. Juli treffen wir uns am Flughafen Frankfurt und um
21.15 Uhr hebt Air India in Richtung Neu Delhi ab. Knapp 8 Stunden
später landen wir auf dem Indira Gandhi International Airport. Gepäck
abholen, durch die Visa-Kontrolle und dann werden wir von einem sehr
freundlichen jungen Mann abgeholt. Die Flughafentür öffnet sich und die
Hitze in Verbindung mit sehr hoher Luftfeuchtigkeit trifft uns wie eine
Keule. Das kleine weiße Taxi hat unglaublich viel Platz und fühlt sich
an wie ein rollendes Iglu. Wenn Klima, dann richtig – werden wir noch
öfter erleben. Zum ersten Mal treffen wir auf indischen Verkehr. Wo sich
aus verkehrsplanerischer Sicht 2 Spuren auf eine ebenfalls 2-spurige
Straße einfädeln, drängeln sich Busse, LKW, Autos und Mopeds zu einem
gordischen Knoten, einzig die ungefähre Fahrtrichtung eint das Chaos.
Dazu hupt alles und jeder, und zwar ständig. Glücklicherweise ist die
Fahrt zum Hotel kurz und wir treffen den Rest der Truppe.
Insgesamt 24 Teilnehmer haben sich zur Dane Trophy angemeldet, sie
kommen aus allen Gegenden von Deutschland, Bruno vertritt die
Eidgenossen. Und wir lernen unseren Reiseleiter kennen: Buddhi Sing
Chang. Buddhi ist der Veranstalter vor Ort, 30 Jahre alt und stammt aus
Manali. Er hat in Europa studiert, ist ein weltoffener Typ und wie sich
später noch herausstellt sehr trinkfest. Nach einem ersten indischen
Mittagsmahl fahren wir nach Alt-Dehli. Dort geht es auf Rikschas durch
die engen Gassen und wir erhalten zum ersten Mal einen Eindruck von
Indien. Und der schockiert mich zutiefst. Da sitze ich als
übergewichtiger Mitteleuropäer hinter einem erschreckend dünnen Inder
der meine Wenigkeit kutschieren muss. Um mich herum: Armut, Elend,
Dreck. Ich fühle mich wie ein Fremdkörper, werde mir bewusst was es
heißt in einem Dritte-Welt-Land unterwegs zu sein. Alt-Dehli ist voll,
laut und nicht kanalisiert. Eben steht man noch neben einem Gewürzladen,
einen Schritt weiter saugt die Nase den Kanal ein. Ich bin froh als es
wieder ins Hotel geht. Morgen geht es nach Srinagar, weg von Delhi und
hin zum Fuß des Himalayas. Nochmal kurz mit der Heimat telefoniert, ich
ahne noch nicht wie lange es dauern wird mit den Lieben wieder zu
sprechen.
Srinagar – von Hausbooten, schwimmenden Basaren und endlich auch Enfields
Nach einem einstündigen Flug landen wir in Srinagar, einer Stadt weit
im Norden Indiens auf immerhin 1.730 Metern und mit einer Einwohnerzahl
von ca. 1,2 Millionen. Hier werden wir 2 Nächte verbringen und zwar auf
Hausbooten. Die Gruppe verteilt sich auf insgesamt 3 Hausboote, jedes
wird individuell bewirtschaftet. Wir sind mit 6 Personen auf dem
kleinsten untergebracht. Da ich Frank mit meiner Schnarcherei um den
Schlaf gebracht habe, teile ich mir ab sofort mit Olaf das Zimmer. Der
hat körperlich ähnliche Ausmaße wie ich, ist aber noch einen Kopf größer
und schnarcht ebenfalls. Frank geht mit Uli aufs Zimmer, Basti und
Chris machen die Runde komplett. Den Rest des Tages verbringen wir viel
Zeit miteinander, schlürfen so manches Kingfisher (die örtliche und
einzig erhältliche Biermarke) und lernen einander kennen. Die
Temperaturen sind angenehm, wir werden von unserer Bootsküche
hervorragend bekocht. Während wir auf der Terrasse sitzen, kommen immer
wieder Kähne mit fahrenden Händlern an. Der eine hat Früchte, der andere
Chips und Snacks, ein weiterer bietet Seidentücher an, alle sehr
hartnäckig. Da wir die Biervorräte unseres Hausbootes bereits geplündert
haben, kaufen wir welches vom schwimmenden Basar.
Am nächsten Morgen statten wir Srinagar einen Besuch ab. Die Stadt
ist sehr alt und hat eine durchaus erwähnenswerte Vergangenheit.
Allerdings liegt diese eine ganze Zeit zurück und was damals prächtig
und sehenswert war, ist heute dem Verfall preisgegeben. Wir gehen durch
enge Gassen, die Geschäfte sind streng angeordnet. Hier nur
Holzverarbeitung, dann Textilien, Gewürz- und Gemüseläden, alles ist
nach Zunft organisiert. Als wir bei den Metzgereien vorbei kommen, bin
ich froh ein Teilzeitvegetarier zu sein. Es existiert keine Kühlung, das
Fleisch wird auf offener Straße verarbeitet. Mahlzeit. So mancher
entscheidet sich jetzt ebenfalls auf Fleisch zu verzichten. Zwar ist
hier deutlich weniger los als in Delhi und die Menschen machen einen
wesentlich entspannteren Eindruck. Aber die Stadt bietet denn noch einen
ähnlich bedrückenden Anblick. Alles ist verfallen, der Dreck auch hier
gegenwärtig und die im Rinnsal schwimmenden Schokoriegel sind halt
keine.
Nachmittags ist es dann soweit. Wir nehmen unsere Motorräder in
Empfang: Royal Enfield Bullet 500 – das mächtigste was der indische
Motorradmarkt zu bieten hat. Echte Oldtimer, auch wenn sie nagelneu
sind. Luftgekühlte Einzylinder mit 500 Kubik und überschaubaren 26
Pferden, manche mit Einspritzung, manche mit Vergasern. Wir drehen eine
Runde rund um den See, machen uns mit der Enfield und vor allem dem
indischen Verkehr vertraut. Auch wir hupen, denn dies dient dem Hinweis
dass man ebenfalls auf der Straße unterwegs ist und einen die anderen
Verkehrsteilnehmer wahrnehmen. Ungewohnt, aber es funktioniert
tatsächlich. Die Performance des Motors und der Bremsen sind
überschaubar, erfüllen damit den Anspruch an ABS und Traktionskontrolle
ohne welche zu haben. Das Fahrwerk ist komfortabel gefedert und im
Grunde kaum gedämpft. Mit einer Enfield zu Hause eine spaßige Runde auf
der Hausstrecke? Never. Aber hier das beste Motorrad der Welt. Wieso
erklärt sich im Laufe der Reise. Wir stellen die Enfields nach ca. 2
Stunden ab, jetzt kribbelt es doch in der Magengegend, morgen geht es
auf die erste Etappe unseres Trips.
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